Extra Pride 2024: Rebellion

Ich stehe auf der Bühne der Extra Pride und halte meine Rede. Hinter mir hängt eine Pride Flag und über mir hängen ein paar kleine Progress Pride Flag

Meine Rede auf der Extra Pride 2024 beschwört den gemeinsamen Geist einer queeren Rebellion.

Die Extra Pride 2024 stand erneut ganz im Zeichen der Diversität unserer queeren Community. Als Space für alle queeren* Schwarzen Menschen, Indigenous Menschen, People of Color, Trans* und Inter* Menschen, Nicht-Binäre Menschen, Menschen mit Behinderung, mehr- und schwergewichtige Menschen, ältere Menschen, Kinder, Unterstützer*Innen und anderen marginalisierten Menschen, ist diese Veranstaltung absolut unersetzlich.

Hier könnt ihr euch meine Rede anhören. Den Text findet ihr unter dem Video.

Rebellion

Liebe Anwesende,

ich habe mich in den letzten Wochen sehr oft gefragt, worüber ich heute mit euch sprechen möchte. Welches Thema wäre für mich auf dieser Veranstaltung angemessen? Behinderung? Trans* Themen? Sexualität? Ich saß stundenlang vor leeren Seiten und war endlos frustriert. Dann dachte ich irgendwann, dass es mir hier und heute gar nicht um mich geht, es geht mir auch nicht um euch. Es geht mir um uns, als Community. Um das Wir und darum, was wir unseren nachfolgenden Generationen hinterlassen können.

Eine Frage, die ich mir bereits seit Jahren stelle, lautet: Was können wir erreichen, wenn wir füreinander einstehen? Jetzt werden einige von euch wahrscheinlich denken, dass das doch längst der Fall ist, aber ganz richtig ist das nicht. So groß und divers unsere Community auch ist, ihre Geschichte war schon immer eine Geschichte der Spaltungen. Bereits 1973 spaltete sich die San Francisco Pride, und die größere Veranstaltung verbot Drag.

Heute spalten wir uns nicht mehr wegen Drag, hoffe ich zumindest. Heute spalten wir unsere Prides vielerorts direkt unter kapitalistischen Interessen. Die Polizei als Institution auf Prides war eine weitere starke Trennungslinie. Bei vielen Prides ist die Polizei nicht nur am Rande präsent, um für „Ordnung“ zu sorgen, sondern beteiligt sich direkt mit Ständen oder bei der Parade. Dadurch fühlen sich viele unserer Geschwister, insbesondere diejenigen die von Rassismus betroffen sind und trans* Menschen, nicht geschützt, sondern eher nicht gesehen oder sogar bedroht. Gleiches gilt für die Teilnahme der Bundeswehr und rechter Parteien.

Ein Teil unserer Community zu sein, ist in den meisten Fällen nichts Selbstverständliches. Es ist nicht selbstverständlich, weil dieser Teil unserer Identität etwas ist, das oftmals nur durch Willenskraft anerkannt, behauptet und gestaltet wird. In einer Welt, die durch Normativität, Angst und Ignoranz beherrscht wird, ist der Schritt in unsere Community nicht leicht und er wird umso schwerer, je mehr Intersektionalitäten in einer Person zusammenkommen. Es ist ein Akt der Rebellion, der ein Grund zum Feiern und ein Anlass zur Solidarität ist. 

Diese Solidarität ist eine Grundfeste unserer Gemeinschaft. Wir stehen füreinander ein und kämpfen die Kämpfe unserer Geschwister, auch wenn es nicht unsere eigenen sind. Für unsere Community ist es unabdingbar, einen intersektionalen Ansatz zu verfolgen und die diversen Herausforderungen und Diskriminierungen zu begreifen, denen so viele von uns tagtäglich gegenüberstehen. Es ist unsere Verpflichtung, die Stärke unserer Gemeinschaft in den vielfältigen Lebensrealitäten zu erkennen und Empowerment in den Vordergrund zu stellen. Die Wertschätzung für die eigene Identität und die für die Identität unserer Geschwister, sowie der gemeinsame Kampf gegen Ungerechtigkeiten bilden die Säulen unserer Geschichte und unseres unerschütterlichen Widerstands.

In einer Zeit wie dieser ist es unerlässlich, als Community zusammenzustehen und die Stimmen derer zu stärken, die in unserer Gesellschaft, aber auch in unseren Spaces allzu oft keine Stimme haben. Unser Weg mag herausfordernd sein, aber das war er immer. Trotzdem bietet er uns nur so die Chance, unsere wichtigsten Werte, nämlich Gleichberechtigung, Respekt und Verständnis dauerhaft in den Fokus zu rücken.

Unsere historische und kollektive Verantwortung besteht darin, eine Zukunft zu gestalten, in der sich jeder Mensch, unabhängig von Sexualität, Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Behinderung frei und sicher entfalten kann. Dieser Weg ist kritisch und kämpferisch. Doch nur dieser Weg führt uns zu einer Welt, die durch Diversität und Solidarität geprägt ist. Es liegt an den radikalen Queers, die queere Rebellion unserer Vorfahren und Ältesten  intelligent, kreativ und lebensfroh am Leben zu halten. Für eine gemeinsame, bessere Zukunft.

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