Friends with Benefits – Ein Abend im Grande Opera
Liebe Leser*innen,
ich freue mich, dass ich euch den ersten Gastbeitrag auf Sexabled präsentieren darf! Die neue Kategorie hierfür lautet übrigens „Friends with Benefits“. Der folgende Beitrag handelt davon wie ein Mann, den wir als Michael kennen lernen werden, einen jungen transidenten Menschen mit einer Behinderung trifft und lieben lernt und von einem gemeinsamen Abend in einem Fetisch-Club.
So, jetzt aber genug von meinem Senf. Ich möchte mich nur noch bei Michael bedanken, dass ich das hier veröffentlichen darf. Danke! Jetzt wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen.
Ein Abend im Grande Opera
Hallo liebe*r Leser*in,
mein Name ist Michael und ich möchte euch eine Geschichte erzählen. Eine Geschichte über mich, über einen Menschen der mir sehr wichtig ist, über die außergewöhnlichen Umstände zwischen uns und über ein großartiges Erlebnis. Allerdings sollte ich euch wohl erst einmal erklären wie es überhaupt dazu kam.
Ich war verheiratet, wir besaßen ein Haus, ein paar Haustiere und ich habe zwei Kinder aus dieser Ehe. Es war der durchschnittliche deutsche Traum und eigentlich dachte ich mein Leben ist super, wie gesagt, eigentlich.
Wie viele andere Menschen habe ich eine Vorliebe für BDSM, dazu gesellen sich auch noch ein paar Fetische, unter anderem wäre da eine Vorliebe für Windeln. Das mag für einige Leser*innen seltsam klingen, vielleicht liegt es an meiner Vergangenheit als Heimkind vielleicht aber auch nicht, über den Ursprung von Fetischen lässt sich ja immer gut diskutieren. Jedenfalls teilte meine Frau diese Vorliebe nicht und meine unerfüllten Wünsche trieben mich irgendwann in die Weiten des Internets.
Der Türöffner in ein neues Leben.
Auf einer Website für BDSM und Fetisch Kontakte fand ich das Profil eines jungen Mannes, obwohl das Wort Mann hier eigentlich falsch ist, denn eigentlich reden wir hier von einem genderfluiden Menschen. Als ich dieses Profil las erfuhr ich, dass dieser Mensch meine Vorliebe für Windeln teilt. Nach einer gewissen Zeit beschloss ich, diesem spannenden Menschen, eine
Nachricht zu hinterlassen.
Ich hatte nie wirklich damit gerechnet eine Antwort zu bekommen, immerhin war ich schon über 40 und diese Person war erst 19, doch die Antwort kam. Sie stellte sich mir als Vicky vor und im laufe dieses Gesprächs erfuhr ich das sie in einem Internat lebt und das sie auf einen Rollstuhl angewiesen ist und aufgrund dessen auch Windeln benötigt, es war also sowohl ein Fetisch als auch eine Notwendigkeit.
Meine Neugier auf Vicky wuchs immer weiter an, doch nagten auch immer zweifelnde Gedanken an mir, die Frage „Was tue ich hier eigentlich?“ ging mir mehrmals durch den Kopf. Am Ende siegte die Neugier, die sich mit lustvollen Ideen paarte und wir lernten uns im laufe mehrerer Chats besser kennen.
Eines Morgens saß ich in meinem Wagen um Besorgungen zu machen als ich wieder über Vicky nachdenken musste, wie so oft in letzter Zeit. Ich wusste was Vicky mag, ich wusste in welchem Internat sie lebt und ich entschloss mich sie jetzt zu besuchen. Ich kaufte ihr ein paar Windeln mit
verschiedenen süßen Motiven, verpackte sie als Geschenk und fuhr los.
Es dauerte ungefähr eine Stunde bis ich das Internat erreichte und als ich es erreicht hatte stand ich davor wie sprichwörtliche Ochse vor dem Berg. Das Internat war riesig und ich wusste nur das Vicky irgendwo dort drinnen war aber nicht wo genau. Anfangs versuchte ich noch zu suchen aber diesen Gedanken verwarf ich schnell wieder und beschloss nach Vicky zu fragen. Doch dann viel mir ein „Nein, nicht nach Vicky fragen. Er ist hier Schüler, frage nach ihm.“ und das tat ich. Im Sekretariat sagte man mir dann das er gerade Unterricht hätte, ich hinterließ sein Geschenk dort, man teilte mir mit das er es in der Pause abholen würde. Ich bedankte mich und ging, allerdings konnte ich nicht zurückfahren ohne ihn zu treffen, wenigstens kurz, deshalb wartete ich vor dem Sekretariat.
Ich war extrem nervös. Wie würde er reagieren wenn er mich sah? Überrascht? Erschrocken? Hatte ich es übertrieben und mir damit alles versaut? Plötzlich kam Leben auf die Gänge des Internats und
das riss mich aus diesen Gedanken, es war Pause und ein Rollstuhlfahrer fuhr geradewegs in das Sekretariat.
Da war er, der Mensch den ich als Vicky online gefunden hatte und den ich als jetzt in seiner maskulinen Seite fast noch attraktiver fand, mein Herz schlug bis zum Hals. Ich war so unsicher ob ich ihn jetzt ansprechen sollte oder ob ich gehen sollte, ich entschied mich glücklicherweise dazu ihn anzusprechen. Als ich ihn ansprach blickten mich große Augen, eher unsicher als abgeschreckt, an. Er fragte mich was ich hier tat und ich antwortete das ich ihn nur kennen lernen und ihm eine Freude machen wollte. Er bedankte sich, sagte er würde sein Geschenk am Abend öffnen und ging zurück in den Unterricht.
Als ich zurück an meinem Wagen war dachte ich erneut das es ein Fehler war hierher zu fahren, dass war doch absolut unmoralisch was ich hier tat. Gleichzeitig dachte ich darüber nach wie toll dieser Mensch war, sowohl maskulin als auch feminin. Diese Gefühle in mir waren unglaublich stark, ähnlich wie bei meiner ersten Liebe. Eine Nachricht auf meinem Handy riss mich erneut aus meinen Gedanken, in der Nachricht stand folgendes „Habe mich gefreut das du da warst und nochmal Danke für das Geschenk.“ ich entschuldigte mich für die spontane Aktion und sagte ihm das ich mich sehr freute, dass ich ihn kennenlernen konnte.
Zurück in den Alltag oder doch nicht?
Gedankenverloren fuhr ich den Weg nach Hause, ich war mir sicher das ich mich gerade verliebt hatte, in eine*n trans* Menschen mit einer Behinderung. Konnte das überhaupt sein? Es musste wohl so sein, denn selbst als ich an diesem Abend mit meiner Familie am Esstisch saß konnte ich an nichts
anderes denken.
Während wir aßen schickte er mir ein Bild, er hatte sein Geschenk ausgepackt und anprobiert. Wahrscheinlich konnte ich meine Freude darüber nicht verbergen denn plötzlich wurde ich von meiner Frau gefragt wer mir geschrieben hatte, ich antwortete nur mit „ein Freund“ und
glücklicherweise schien das zu reichen.
An diesem Abend und den kommenden Tagen sah ich mir immer wieder dieses Bild an und immer wieder fragte ich mich selbst „was soll das werden?“. Ab diesem Moment intensivierte sich unser Kontakt, wir chatteten nun fast täglich miteinander und ich besuchte ihn bei jeder Gelegenheit. Ich war glücklich wenn ich ankam und untröstlich wenn ich gehen musste, so ging ein halbes Jahr ins Land, bis ich eines Abends eine Nachricht von ihm bekam.
One Night at the Grande Opera.
Er teilte mir an diesem Abend mit das Vicky gerne einmal einen Club besuchen würde, allerdings wüsste er nicht wie das umsetzbar sein sollte. Ich wollte ihm diesen Wunsch erfüllen und ich fand den Gedanken selbst sehr reizvoll, ich beschloss also unsere Möglichkeiten zu prüfen. Es wäre
definitiv ein logistischer Kraftakt, er wohnte 120 Kilometer entfernt, ich müsste ihn abholen, ihn in den Club bringen, ihn wieder zurück bringen und meine eigene Nervosität bekämpfen.
Im Netz fand ich einen Club namens „ Grand Opera“ in meiner Umgebung, ich plante alles, benutze ein Arbeitsseminar als Ausrede gegenüber meiner Familie und fuhr los um ihn abzuholen. Während der Fahrt in Richtung Grand Opera machte er sich zurecht, von dem Ergebnis war ich wie
weggeblasen und nachdem wir ankamen war meine Freude wie weggeblasen, denn wir standen vor einer Treppe. Bei all meinen Planungen hatte ich diesen einfachen Punkt einfach vergessen, ich wusste nicht weiter und er auch nicht. Im Nachhinein betrachtet müssen wir wohl sehr traurig vor diesem, für uns unüberwindbaren, Hindernis gestanden haben während andere Besucher an uns vorbei in den Club gingen.
Irgendwann ging die Tür des Clubs auf und 4 Männer kamen auf uns zu, ein Security Angestellter und drei Gäste. Sie fragten ob wir in den Club möchten und als wir das bejahten, nahmen sie den Rollstuhl samt Vicky und trugen sie in den Club.
Wir bedankten uns, ich bezahlte den Eintritt und man sagte uns wir sollten bei Fragen oder Problemen jederzeit an die Mitarbeiter*innen wenden. Es war von außen schon zu hören das dies eine tolle Party sein musste, doch als wir es sahen waren wir überwältigt. Es waren fast vierhundert Menschen auf dieser Party, die anderen Besucher frönten ihren unterschiedlichen Leidenschaften während wir uns, immer noch staunend über die Vielfalt und Hilfsbereitschaft der Menschen, einen Weg durch den Club bahnten. Irgendwann standen wir vor einer verschlossenen Tür, neben der Tür stand der Hinweis „Bitte an der Bar melden“, wir mussten uns wohl wieder etwas fragend angesehen haben denn plötzlich hörte ich von hinten „das ist der Dark Room, wenn ihr dort rein
möchtet müsst ihr nur an der Bar sagen“ ich bedankte mich wiedermal bei dem Mann und seiner Begleiterin „ ich finde das toll das auch mal ein Rollstuhlfahrer hier ist, wenn ihr Hilfe braucht sagt Bescheid“ und wieder bedankten wir uns.
Kurz darauf öffnete uns die Dame an der Bar die Tür, ohne das wir uns melden mussten, man war hier wirklich allseits sehr zuvorkommend. Wir betraten den Dark Room, ich konnte eine Frau auf einem Gynäkologie Stuhl erkennen, außerdem waren Peitschenhiebe und Stöhnen zu hören. Vickys
blicke schweiften durch den Raum, kurze Zeit später gab sie mir ein Zeichen als ob sie mir dringend etwas sagen müsste, deshalb beugte ich mich zu ihr hinunter. Vicky flüsterte mir Worte ins Ohr die ich nie vergessen werde, sie sagte „ich möchte das du mich vernaschst“. Ich war nervös, doch mit ihrer Hilfe und ihren Anweisungen klappte es. Als ich sie auf einen Bock gelegt hatte und ihren Körper mit meinen Händen entlang fuhr spürte ich wie sie sich immer weiter fallen lassen konnte, ich fragte sie ein letztes Mal „bist du dir sicher?“ und sie stöhnte mir ihr „Ja“ entgegen. Was dann passierte war der beste Sex meines Lebens, nie fühlte ich mich freier, glücklicher, entspannter und zufriedener als in diesem kurzen und doch endlosen Augenblick.
Niemand hatte sich an unserem tun gestört und so verließen wir den Dark Room und gingen in den Außenbereich, ich legte Vicky meine Jacke um und setzte sie auf meinen Schoß, ihr Kopf sank auf meine Brust und sie sagte mir wie schön sie das gerade fand. Während wir dort so saßen kamen
immer wieder andere Gäste auf uns zu, um uns mitzuteilen wie positiv Vickys Anwesenheit hier aufgenommen und wahrgenommen wurde. Ich war nach diesem Abend noch mehrmals im „Grand Opera“ und wurde immer wieder nach Vicky gefragt und ich wurde ermutigt sie doch wieder einmal mitzubringen.
Die Gegenwart.
Dieser unvergessliche Abend ist nun drei Jahre her, meine Frau und ich haben uns mittlerweile getrennt, mein Sohn lebt bei mir. Ich habe eine neue Lebensgefährtin an meiner Seite, die auch unter den Begriff „Transgender“ fällt. Sie akzeptiert meinen Kontakt zu Vicky und wir geben uns glücklicherweise viele Freiheiten.
Vicky lebt mittlerweile 250 Kilometer entfernt von mir, sie hat die Schule beendet und der ernst des Lebens hat auch für sie begonnen, trotzdem versuchen wir uns einmal pro Monat zu sehen. Ich habe noch immer Schmetterlinge im Bauch wenn wir zusammen sind und ich bin froh das ich diesen Weg gegangen bin, denn ich würde ihn jederzeit wieder gehen.
Zum Abschluss nochmal ein Danke an das Team des „Grande Opera“ und an die Gäste die mit uns zusammen vor Ort waren, ihr hattet großen Anteil daran dass wir diesen Abend nie vergessen werden. Vielleicht ermutigen eure großartigen Reaktionen andere Menschen mit Handicap ihre Sexualität anzunehmen und sie auszuleben.
Danke für den Artikel. Ich bin selbst trans und möchte unbedingt darauf hinweisen, dass „transgender“ ein Adjektiv ist, niemals ein Nomen. Das Nomen ist trans Person, trans Mensch, trans Mann, trans Frau. Es geht mir nicht um Rechtschreibung oder Grammatik, sondern darum, dass trans Personen nicht auf ihr Transsein reduziert und damit entmenschlicht werden.
Wichtig wäre auch, kurz zu erwähnen, welche Pronomen die genderfluide Person verwendet. Ohne den Hinweis weiß ich als lesende Person nicht, ob die Person misgendert wird oder ob sie einfach abwechselnd Pronomen verwendet. Das tat mir beim Lesen weh.
Hallo Mclettuce,
zunächst mal vielen Dank für deinen Kommentar.
Zu den Pronomen kann ich sagen, dass Vicky tatsächlich die Worte „Er/Sie“ benutzt.
Was die Sache mit dem Adjektiv betrifft: Ich werde mit dem Verfasser darüber sprechen und es ändern, insofern er damit einverstanden ist.
Liebe Grüße
Chris