ROMEOs Wahlumfragen: Kein Sex mit Nazis

Das Abschiedsbild von Romeo, nachdem man einen Account löscht, zeigt einen schwarzen Hintergrund mit einem roten Herz in einem rosa Kreis um das Herz. Darunter steht: "Schade, dass du gehst! Hoffentlich schaust du in Zukunft wieder vorbei.

Ich dachte eigentlich, dass ich in all den Jahren des Online-Datings alles gesehen habe. Dass mich ein Statement eines Gründers und CEOs dazu bringt, meinen Account zu kündigen, hätte ich nie erwartet. Jens Schmidt, der Chef von Romeo, hat dieses Kunststück allerdings vollbracht.

Vor einigen Wochen gab es auf der Datingplattform Romeo eine Umfrage zur Bundestagswahl, die so ziemlich die komplette queere Community schockierte. Die AfD holte sich 28 % von 60.500 Stimmen. Sie war auf einer queeren Plattform also deutlich die stärkste Partei.

Diese Tatsache nötigte Jens Schmidt zu einem Statement, das er besser unterlassen hätte. Denn zunächst rechtfertigt er eine äußerst fragwürdige Methodik. Romeo versendet eine Nachricht mit der Einladung zur Umfrage an alle Nutzer eines bestimmten Landes. Der Link kann beliebig oft geteilt werden. Wir alle wissen, wie aktiv Rechtsextreme derartige Umfragen kapern.

Eine wissenschaftliche Untersuchung der Justus-Liebig-Universität Gießen kam etwa zu dem Ergebnis, dass weniger als drei Prozent der queeren Bevölkerung die AfD unterstützen. Diesen Unterschied kann man nur mit den fragwürdigen Methoden von Romeo erklären.

Alte weiße schwule Männer

Richtig wild wird das Statement im Anschluss an diese Verteidigung. Schmidt schreibt, man weise das Klischee von “alten, weißen, schwulen Männern” zurück, weil es ein Begriff sei, der “ironischerweise gleichzeitig Alter, Hautfarbe, Geschlecht und Sexualität diskriminiert“. Außerdem sagt er: “Je sexuell aktiver, desto mehr unterwegs, desto häufiger allein auf der Straße bei Nacht”.

Ich finde es ehrlich gesagt schockierend, wenn der CEO einer queeren Datingplattform nicht versteht, dass “alter, weißer, schwuler Mann” die privilegierten und unempatischen Einstellungen von cis Männern in der Community beschreibt. Nichts davon hängt wirklich mit Alter, Hautfarbe, Geschlecht oder Sexualität zusammen. Außerdem benutzt er die faktisch falsche und durchaus rassistische Dogwhistle vom unsicheren Deutschland.

Weil all das noch nicht schlimm genug ist, heißt es weiter: “Wir sind ohnehin eine kleine Familie – und gemeinsam sind wir stärker. Wir wünschen uns mehr gegenseitiges Verständnis und Akzeptanz, denn was uns vereint, ist unser gemeinsamer Kampf in einer Gesellschaft, in der unsere Sexualität nicht der Norm entspricht.”

Weil wir also eine kleine Familie sind, hat Romeo die Progress Pride Flag abgelehnt und zitiert in dem Statement den transfeindlichen Journalisten Jan Feddersen mit seinem Artikel „Queere Verbände repräsentieren viele LGBTI nicht!“. Allein diesen Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. “Queere Verbände repräsentieren queere Menschen nicht” klingt komisch, ist auch nicht so.

Lieber vögle ich einen Kaktus

Am Ende heißt es dann noch: “Wir möchten queere Vertreter ermutigen, ohne Mauer im Kopf zuzuhören – insbesondere der Jugend. Mit einem Aufruf zum Sex-Boykott zu antworten, erscheinen uns da wenig hilfreich.”

Okay, also laut Jens Schmid sollen queere Menschen einfach ganz offen gegenüber Faschist*innen sein. Weil Faschismus ja auch noch nie gegen queere Menschen gehandelt hat. Ernsthaft? Der Teil ist ja schon fast Geschichtsrevisionismus.

Alfonso Pantisano hat mit seiner Aktion „Kein Sex mit Nazis“ durchaus recht. Wir sollten diese Menschen isolieren und nicht mit ihnen vögeln. Ich würde jedenfalls lieber einen Kaktus mit in mein Bett nehmen.

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